Haubentaucher
Podiceps cristatus
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von Ulrike Marxmeier
 
Der Haubentaucher gehört zusammen mit weiteren bei uns vorkommenden Tauchern, wie dem Rothalstaucher, dem Schwarzhalstaucher, dem Zwergtaucher und dem Ohrentaucher, zu den so genannten Lappentauchern (Podicipediformes). Man unterscheidet beim Haubentaucher drei Unterarten. Die bei uns vorkommende Unterart (Podiceps cristatus cristatus) ist am weitesten verbreitet. Ihr Areal erstreckt sich über weite Teile Eurasiens. Die beiden weiteren Unterarten sind nur in Afrika bzw. in Australien und Neuseeland anzutreffen (Bauer & Glutz von Blotzheim 1987).
Der Name des Haubentauchers geht zum einen auf die braunrote Kopfhaube zurück, die er zur Brutzeit trägt, zum anderen darauf, dass er seine Nahrung tauchend erbeutet. In früheren Jahren besaß der Vogel je nach Region sehr unterschiedliche Namen, die auf seiner Physiognomie, wie z.B. "Haubensteißfuß", manchmal auch auf seinen Lautäußerungen beruhten wie "Work" oder "Lorch" (Naumann in Melde 1973).
 
Anpassung
 
Der Haubentaucher ist an ein Leben im Wasser optimal angepasst. Für einen geringen Wasserwiderstand ist der Körper stromlinienförmig gestaltet. Die Beine setzen weit hinten am Körperende an (Steißfüße) und sind seitlich zusammengedrückt. Die Schwanzfedern sind beim Taucher sehr kurz, da sie ihn sonst beim Schwimmen behindern würden. Die Zehen an den Füßen sind für eine gute Wasserverdrängung lappenartig verbreitert und abgeflacht ("Lappentaucher"). Um sich ohne großen Kraftaufwand unter Wasser bewegen zu können, ist der Körper des Vogels relativ schwer (Melde 1973). Der Haubentaucher verwendet ausschließlich die Füße, um sich hier fortzubewegen. Die Flügel ruhen in Federtaschen. Beim Schwimmen liegen Taucher wie ein Korken hoch im Wasser, da spezialisierte Brust- und Bauchfedern ein dichtes Polster bilden und wie ein Luftkissen Auftrieb geben. Sie können die Luft aus ihrem Gefieder auspressen, bis der ganze Rumpf unter der Wasseroberfläche schwebt und nur noch der Kopf herausragt (Bertelsmann Lexikon 1994). Meist sucht der Vogel seine Nahrung in den oberen Wasserschichten von Gewässern. Er wurde jedoch auch schon in einer Tiefe von über 40 m festgestellt. Die Tauchdauer des Haubentauchers beträgt meist etwa 30 Sekunden, selten 60 Sekunden. Wird er verfolgt, kann er jedoch länger unter Wasser bleiben (Bauer & Glutz von Blotzheim 1987).
Für den Haubentaucher ist ein gut gegen Wasser und Kälte isolierendes Gefieder überlebenswichtig. Die Isolation wird in erster Linie durch die dicht stehenden Federn an der Unterseite erreicht. Zusätzlich verbringt der Vogel viel Zeit mit der Pflege seines Gefieders: Federn werden mit dem Schnabel bzw. mit einer fein gezähnelten Kralle der Mittelzehe "gekämmt", geordnet und mit einem Sekret aus einer speziellen "Bürzel"-Drüse eingefettet. Wasser kann durch das feuchtigkeitsabweisende Gefieder nicht eindringen und gelangt somit nicht an die Haut des Haubentauchers.
Die Anpassung an ein Leben im Wasser ging mit dem Verlust anderer Fähigkeiten einher. So kann sich ein Haubentaucher wegen der am Körper ansetzenden Beine an Land nur äußerst unbeholfen fortbewegen. Er verlässt sein Element Wasser nur zur Paarung und zur Brut, wenn er auf das Nest steigt. Der Flug erfolgt beim Haubentaucher pfeilgerade, Manövrierfähigkeit und Wendigkeit sind aufgrund der zurückgebildeten Schwanzsteuerfedern stark eingeschränkt. Im Wasser wirkt der Haubentaucher dagegen sehr elegant. Er versteht es, fast ohne Wellenbewegung unter die Oberfläche zu gleiten. Dort bewegt er sich wendig und schnell, eine Voraussetzung zum effektiven Fangen von Fischen.
 
Lebensraum
 
Der Haubentaucher ist ein typischer Brutvogel eutropher, also nährstoffreicher Gewässer. Sie bieten ihm mit ihrer üppigen Ufervegetation, wie z.B. einem breiten Schilfgürtel, Nistplätze und mit ihrem oft hohen Fischbestand ausreichend Nahrung für die Zeit der Jungenaufzucht. Bei der Nahrungssuche verhält sich der Haubentaucher als Opportunist, d.h. er fängt die Fischer, die er mit dem geringsten Aufwand fangen kann. Eine Suche nach selteneren Arten - sich von Fischen ernährenden Vögeln oft nachgesagt - wäre zu energieaufwändig (Van Eerden et al. 1993). In natürlichen eutrophen Gewässern besteht die Beute meist hauptsächlich aus jenen Weißfischen (Cypriniden), die für die Fischerei wertlos sind.
 
Brutsaison
 
Sind die Gewässer eisfrei, kehren die ersten Haubentaucher schon im Februar aus ihrem Überwinterungsgebiet zum Brutgewässer zurück. Die meisten Vögel treffen im Verlauf des März oder sogar erst im April ein. Einige Haubentaucher haben sich bereits im Winterquartier verpaart, viele müssen jedoch noch einen Partner für die kommende Brutsaison suchen. Ist er gefunden, kommt es zu typischen, meist synchron von beiden Partnern durchgeführten Balzritualen, die der Festigung der Bindung dienen. Von den vielen Balzelementen sind das "Kopfschütteln", "Kopfwenden" und "Scheinputzen" am häufigsten zu beobachten. Nur selten zu sehen ist das wohl eigentümlichste Balzritual des Haubentauchers, der so genannte Pinguin-Tanz. Die Partner tauchen unter Wasser ab und nehmen Pflanzenmaterial auf. Mit den Pflanzen im Schnabel schwimmen sie mit abgespreizter Haube aufeinander zu und richten sich plötzlich Brust an Brust durch rasches Paddeln mit den Füßen so weit auf, dass sich ihre Körper fast völlig über dem Wasser befinden. Dabei werden die Köpfe hin- und hergewendet. Schließlich lassen die Taucher die Pflanzenteile fallen und sinken zurück aufs Wasser.
Hat sich die Paarbindung gefestigt, dann wird nach einem geeigneten Brutplatz gesucht. Es kann auch zu einer Bildung von Kolonien kommen. Bei der Wahl des Niststandortes ist der Haubentaucher sehr flexibel. Locker stehendes Schilfröhricht wird bevorzugt, jedoch werden auch Inseln der Seebinse, Weidenäste, die ins Wasser hängen, oder ein Schwimmblattteppich aus See- oder Teichrosen besiedelt. Voraussetzung für eine Besiedlung ist jedoch, dass das Nest von Wasser umgeben, somit für den Taucher schwimmend gut zu erreichen und vor räuberisch lebenden Landtieren, wie z.B. dem Fuchs, geschützt ist. Am Nestbau beteiligen sich beide Partner. Pflanzenmaterial, das sich in der Nähe des Nistplatzes findet, wird aufeinandergetürmt und wenn möglich zur Verankerung kreuz und quer durch die umgebende Vegetation gelegt. Der Unterbau besteht oft aus aufeinandergeschichteten alten Schilfhalmen. Auf diese schwimmende oder auch dem Boden aufsitzende Plattform wird frisches Material, wie z.B. Blätter von See- und Teichrosen oder Rohrkolbenblätter, geschichtet. Nester im Schwimmblattteppich bestehen meist vollständig aus frischem Material. Ist das Nest fertig, beginnt das Weibchen mit der Eiablage. Häufig wird bereits nach der Ablage des ersten Eies gebrütet. Die Partner wechseln sich beim Brüten ab. Während ein Partner brütet, geht der andere auf Nahrungssuche, bringt jedoch von Zeit zu Zeit Pflanzenmaterial zum Ausbessern des Nestes vorbei. Die Eier färben sich während der Bebrütung durch das sich zersetzende Nistmaterial mehr oder weniger braun.
 
Küken in der Federtasche
 
Die Küken schlüpfen im Abstand von mindestens einem Tag. Bereits kurze Zeit nach dem Schlupf klettern sie auf den Rücken des Altvogels in die seitlichen Federtaschen. Die erste Lebenswoche über halten sie sich fast durchgehend im Rückengefieder auf. Die Verluste bei den Küken als Beute von Hechten oder infolge Auskühlung sind in den ersten Tagen sehr hoch. Die Altvögel wechseln sich in den ersten Wochen bei der "Arbeit" ab: Während ein Altvogel die Küken trägt, sucht der andere nach Nahrung. Bevor die Küken ihre erste Nahrung erhalten - Insekten und sehr kleine Fische - werden ihnen Federn gereicht, die sie bereitwillig verschlucken. Auch die Altvögel nehmen regelmäßig Federn zu sich. Es wurde viel über den Grund des "Federfressens" gerätselt, und man ist schließlich übereingekommen, dass die Federn vermutlich im Magen die Verdauung unterstützen. Sie werden zusammen mit unverdaulichen Nahrungsresten als Gewölle wieder herausgewürgt. Mit zunehmender Größe der Küken steigt auch ihr Nahrungsbedarf, und beide Altvögel müssen Fische herbeibringen. Die lauten Bettelrufe der Küken sind dann fast durchgehend zu hören. Sie sind nun meist zu groß, um noch auf dem Rücken der Eltern zu sitzen. Die Jungvögel werden 11 bis 13 Wochen von den Eltern geführt. Bereits vor dem Flüggewerden beginnen sie jedoch selbst nach Nahrung zu tauchen.
Sind die Bedingungen am Brutgewässer günstig, d.h. gibt es ausreichend Nahrung und Nistplätze, können Haubentaucher zum zweiten, selten sogar zum dritten Mal brüten. Da die Aufzucht sehr lange dauert, wird nicht abgewartet, bis die Küken der ersten Brut flügge sind, sondern die zweite Brut erfolgt parallel dazu. Während ein Altvogel auf dem Nest sitzt, versorgt der andere die Küken der ersten Brut mit Nahrung. Wenn das zweite Gelege geschlüpft ist, zieht das Haubentaucherpaar mit zwei verschieden alten Kükenscharen umher. Zuweilen beteiligen sich ältere Küken dann an der Aufzucht, indem sie die jüngeren im Rückengefieder tragen oder sogar füttern. Die Jungenaufzucht ist meist im August beendet, kann sich bei einzelnen Paaren jedoch noch bis in den November hinziehen. Ab August verlassen viele Taucher ihr Brutgewässer, andere ziehen erst ab, wenn das Gewässer zufriert.
 
Bestandssituation
 
Vor allem in den 70er und 80er Jahren kam es durch die Eutrophierung von Gewässern und das damit verbesserte Nahrungsangebot zu einem Bestandsanstieg des Haubentauchers in Deutschland und auch in Niedersachsen. Mittlerweile ist der Bestandstrend überwiegend negativ, oder die Brutpaarzahlen stagnieren (Bauer & Berthold 1996). Während bei manchen Gewässern die Ursachen für den Rückgang bekannt sind, wie z.B. starke Störungen der brütenden Vögel durch Freizeitnutzung, ungeeignete Uferstrukturen (Bauer & Berthold 1996) oder ein abnehmendes Nahrungsangebot durch verminderte Nährstoffeinträge (Reichholf et al. 1994), ist die Abnahme vielerorts noch ungeklärt. Bisher gilt der Haubentaucher jedoch nicht als bestandsbedroht. In Niedersachsen wurde der Brutbestand 1985 auf 840 bis 1900 Paare geschätzt (Heckenroth & Laske 1997). Hauptbrutgewässer sind das Steinhuder Meer und der Dümmer. Während der Bestand am Steinhuder Meer konstant ist, kam es am Dümmer Anfang der 90er Jahre zu einem starken Rückgang. Bis heute wurde dort der Bestand der 80er Jahre nicht wieder erreicht. Die Ursachen sind bisher noch unklar. Es zeichnet sich jedoch eine deutliche Einschränkung des Nistplatzangebotes durch den starken Rückgang des Schilfröhrichts und weiterer Vegetationsstrukturen ab (Marxmeier & Düttmann 2000). Um den Charaktervogel unserer eutrophen Gewässer zu erhalten, sollte der Schutz des Lebensraums - ausgeprägte störungsarme Uferstrukturen - im Vordergrund stehen. Auf eine Bejagung der Vögel muss europaweit verzichtet werden.                      

Nächste Termine:

19.1.2012 20:00 Uhr
Monatlicher Treff in der
Gaststätte Roskamp
Hauptkanal li. 30

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